Am 9. Juni fand die Züchterschulung des NGZV Klecken statt. Die Veranstaltung wurde in der historischen Wassermühle Karoxbostel, in Seevetal, unweit der Hamburger Landesgrenze, durchgeführt. Der Verein Wassermühle Karoxbostel e.V. mit seinen mittlerweile 1200 Mitgliedern hat 2012 die zum Teil eingestürzte Wassermühle und die verfallenen Nebengebäude nach dem Tod des letzten Hofbesitzers August Wilhelm Denecke, der mit dem Erhalt der Anlage völlig überfordert war und zuletzt nur noch in einem einzigen Raum lebte, erworben und mit finanzieller Hilfe der EU, der Sparkassen- und Denkmalstiftungen, der BINGO Umweltlotterie sowie durch Eigenleistung der Vereinsmitglieder, durch Mithilfe von Berufsschulklassen, ortsansässigen Firmen und Handwerkern auf Wanderschaft, zu dem gemacht, was die Gesamtanlage heute darstellt. Die Vorträge der drei Referenten fanden im ehemaligen Schweinehaus statt, die Verpflegung der rund 60 Teilnehmer aus dem LV Hannover und einigen Zuchtfreunden aus Schleswig – Holstein erfolgte auf der Tenne des Haupthauses. Zwischen den Vorträgen wurde jeweils eine ausgedehnte Pause eingelegt für zwei Führungen und Züchtergespräche zwischen den Teilnehmern. In der ersten Pause führte Carsten Weede vom Wassermühlenverein die Teilnehmer über den Mühlenhof mit Haupthaus, Backhaus, Korn- und Sägemühle, Schmiede und sanierter Teichanlage und erklärte einiges zu den einzelnen Sanierungsschritten. In der zweiten Pause wurde den Teilnehmern der Mühlengarten erklärt (Doras Garten), der früher alles Notwendige zur Versorgung der Müllerfamilie lieferte und von den Vereinsmitgliedern wieder kultiviert wurde. Interessierte erlangen weitere Informationen zum Mühlenverein unter (https://www.wassermuehle-karoxbostel.de/).

Erster Referent zum Thema „mein Hahn stört den Nachbarn“. Urteile sowie strategisches Vorgehen zur Prozessvermeidung bei Nachbarschaftsstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Geflügelhaltung war Zuchtfreund Horst Schevel aus Gifhorn, in seiner Eigenschaft als Rechtsanwalt und Vorsitzender der 1. Kammer des Bundes Ehrengerichts. Wer nun ein Aneinanderreihen von Paragraphen oder eine allgemeingültige Musterlösung erwartete, wurde allerdings enttäuscht. Horst Schevel plauderte in lockerer Runde über Fälle seiner beruflichen Praxis und verdeutlichte, dass doch jeder Fall anders liege und die Gerichte sehr unterschiedliche Urteile treffen. Allerdings machte er auch deutlich, dass die Regel 1 Hahn plus 20 Hennen eine allgemeine Richtschnur sei. So ist die Haltung von 1 Hahn und 20 Hennen auch in reinen Wohngebieten, die ausschließlich dem Wohnzweck dienen, keinesfalls von vornherein ausgeschlossen und auch üblich. Das oftmals vorgebrachte Argument, ‚mein Nachbar lässt eine Hühnerhaltung nicht zu‘, zieht hier also nicht. In anderen Gebieten (allgemeine Wohngebiete, Dorf- oder Mischgebiete oder Sondergebiete) ist die Regelung 1 plus 20 natürlich noch aufgeweichter. Horst Schevel machte aber auch deutlich, dass eine vorige, außergerichtliche Einigung mit dem Nachbarn immer zu bevorzugen ist. Apropos gerichtliche Auseinandersetzungen. Hier verwies Schevel darauf, dass doch sehr viel weniger Nachbarschaftsstreitigkeiten vor Gericht landen, als allgemein angenommen. Das hängt einerseits mit den hohen Kosten und Kostenvorschüssen für Kläger und Beklagte und einhergehendem Prozessrisiko zusammen, so dass Kläger vermehrt die Ordnungsämter und Veterinärbehörden einschalten. Die Anzeigen bei den stattlichen Stellen sind kostenfrei. Weiterhin müssen Kläger vor Amtsgerichten bei Nachbarschaftsstreitigkeiten erst einmal den Weg über die örtlichen Schiedsmänner gehen und erst, wenn dieses erfolglos verlaufen ist, nehmen die Amtsgerichte Klagen überhaupt an.  
Ein weiterer, guter Hinweis von Horst Schevel an die Teilnehmer bestand darin, dass jeder einzelne Züchter vor Ort bei seinen Kommunalpolitikern künftig darauf hinweisen sollte, dass in Neubaugebieten mit Bebauungsplänen die Möglichkeit zur Kleintierhaltung eingeräumt wird. Dass diese bisher nur in seltenen Fällen erfolgt, aber grundsätzlich möglich ist, sollte uns Ansporn genug sein, immer wieder auf unser Anliegen hinzuweisen. In der Samtgemeinde Amelinghausen gibt es beispielsweise so ein Baugebiet, wo in der Begründung des Bebauungsplans folgendes nachzulesen ist:
‚Das Sondergebiet Ländliches Wohnen dient der Deckung der im ländlichen Raum verstärkt zu erkennenden Bedürfnisse nach größeren und zu Wohnzwecken nutzbaren Grundstücksflächen, die eine Kombination mit für ländlich geprägte Räume, typischen Kleintier- und Hobbytierhaltung ermöglichen. Mit der Festsetzung eines Sondergebietes Ländliches Wohnen sollen gerade die in ländlichen Regionen, wie sie z. B. im Umland Lüneburgs vorzufinden sind, typischen Nutzungsstrukturen als Kennzeichen einer vitalen und mit der Landwirtschaft vereinbaren Siedlungs- entwicklung ermöglicht werden. Diese Nutzungsvielfalt wird von der heimischen und in der Region lebenden Bevölkerung aufgrund der traditionellen Wohn- und Freizeitentwicklung nachgefragt.‘

Karl Stratmann aus Herzebrock Clarholz, widmete sich dem Thema „Entstehung und Aufgaben des WGH (Wissenschaftlicher Geflügelhof), der Stiftung für Geflügel – Wissenschaft und des Vereins JuWiRa“. Mit dem VZV Ehrenvorsitzenden hatten wir einen Referenten gefunden, der das Projekt Wissenschaftlicher Geflügelhof vor mehr als 20 Jahren mit aus der Taufe gehoben hat und zudem auch Vorsitzender des Vereins JuWiRa ist. Ist der Wissenschaftliche Geflügelhof in der Züchterschaft zumindest rudimentär bekannt, so konnte sich kaum ein Tagungsteilnehmer unter dem Verein JuWiRa (Verein zur Förderung junger Wissenschaftler/innen in der Rassegeflügel-Forschung e.V.) etwas vorstellen. Karl Stratmann gelang es vortrefflich, den Bogen von den Anfängen der Institutionen bis in die Gegenwart zu schlagen. War der erste Meilenstein die Untersuchungen zu den Landenten mit Haube und dem daraus entwickelten Umdrehtest, der schließlich zur Aufhebung des Zuchtverbots führte, so folgten bis heute viele weitere Projekte. Eine Reihe von Bachelor-, Master- und Doktorarbeiten konnten bislang über verschiedene Themen der Rassegeflügelzucht von jungen Wissenschaftlern abgeschlossen werden, mit einem unheimlichen Wert für uns Rassegeflügelzüchter. Karl Stratmann war es aber wichtig, die stets die Neutralität und den offenen Ausgang der Forschungsergebnisse zu betonen. So haben sich WGH, Stiftung für Geflügel – Wissenschaft und JuWiRa nicht nur in Deutschland, bei Behörden, Gerichten und Institutionen, sondern europaweit einen erstklassigen Ruf als neutrale Fachkompetenz erarbeitet. Dass das alles nicht zum Nulltarif zu bekommen ist, ist auch klar und so warb Stratmann dann auch gleich für die Organisationen. Insbesondere die Geflügelvereine sollten sich einmal überlegen, ob eine Mitgliedschaft im Verein JuWiRa nicht selbstverständlich sein sollte. Die Mitgliedsbeiträge sind sehr überschaubar und gerade in der Zukunft werden sich die Geflügelzüchter mit Themen auseinander zu setzen haben, wo die Arbeit vom WGH und JuWiRa von unschätzbarem Wert sein werden. Der GZV Lüneburg hat auf seiner Mitgliederversammlung am 11 Juni einstimmig beschlossen, dem Verein JuWiRa beizutreten. Es wäre wünschenswert, wenn viele Vereine oder auch Privatpersonen dem Lüneburger Beispiel folgen.

Ein ebenso aktuelles Thema, wie seine Vorgänger bearbeitete Matthias Koch aus Lemförde zum Abschluss der Veranstaltung. Der 1. Vorsitzende des Sondervereins Deutscher Gänsezüchter beschäftigte sich mit der Aussage ‚die Erhaltungszucht von Wassergeflügel. -Heute wichtiger, denn je-. Voraussetzungen für die Erhaltungszucht in Kleinstbeständen. Im Vergleich zu anderen Geflügelarten, haben die Wassergeflügelzüchter sowieso schon mit erschwerten Bedingungen zu kämpfen, wenn es um Aufzucht und die Haltungsbedingungen geht. Auch der Transport zu den Ausstellungen ist ohne Anhänger oder Transporter aufgrund der großen Transportbehältnisse nicht zu bewerkstelligen. Matthias Koch erläuterte, was der Wegfall der Großschauen für die Wassergeflügelzüchter bedeutet. Selbst wenn diese stattfinden, und eine virologische Untersuchung vorgeschrieben wird, so dürfte nur der geringste Teil der Aussteller diesen Mehraufwand und die Mehrkosten tragen und ihre Tiere bei den Ausstellungen zeigen. Dabei ist gerade für den Zuchtstand der einzelnen Rassen die Großschau und somit der Vergleich mit anderen Zuchten absolut wichtig. Auch wenn vereinzelnd auf Ortsschauen noch Gänse gezeigt werden, fehlt doch hier der Vergleich mit anderen Züchtern. Aber Matthias Koch wäre auch schon froh, wenn wenigstens auf den Ortsschauen die Bedingungen so abgemildert wären, dass die Möglichkeit zum Ausstellen von Wassergeflügel ohne erschwerte Bedingungen möglich wäre. Denn eines ist auch klar. Rassen, die man auf Ausstellungen nicht sieht, verschwinden auch schnell aus dem Bewusstsein. Bei sämtlichen Gänserassen, die von Matthias vorgestellt wurden, gibt es in den Beständen erhebliche Einbrüche. Wer also die Möglichkeit hat, Wassergeflügel zu halten -und sei es nur in kleiner Stückzahl-, ist aufgefordert dieses zu tun. Und so konnte Matthias Koch die zum Beginn seines Vortrags noch mit einem Fragezeichen versehene These -heute wichtiger denn je-, mit einem klaren Ja beantworten.

Der NGZV Klecken bedankt sich ausdrücklich bei den drei Referenten für die informativen Vorträge und die Bereitschaft ohne Honorar tätig zu sein. Im Gegenzug übergab der Klecker Verein eine Spende, die für den WGH bestimmt war. Dank gilt aber auch unserem Gastgeber, dem Verein Wassermühle Karoxbostel, für die Zurverfügungstellung der Räumlichkeiten, der Führungen und der Kaffeespende sowie der Firma Sylter Salatsauce aus Neu Wulmstorf, die uns bei der Verpflegung mit einer großzügigen Sachspende unterstütze.

Sofern Kreisverbände oder Vereine aus dem Bereich des LV Hannover in den kommenden Jahren eine ähnliche Veranstaltung einmal durchführen möchten, unterstützt der Landesverband gern bei der Themenauswahl und der Besorgung von Referenten.

Text: Volker Niemeyer
Fotos: Andreas Feßner und Karl Heinz Weselmann